Der Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) appelliert an die Gesundheitspolitik, trotz des Koalitionsbruchs Lösungen zu finden, um die bereits parteiübergreifend konsentierte Verlängerung der Übergangsfrist für Wundversorgungs-Studien umzusetzen. Die aktuell geltende Frist läuft am 2. Dezember 2024 aus. „Ohne eine Fristverlängerung drohen erhebliche negative Auswirkungen auf die Versorgung der Menschen mit chronischen Wunden“, warnt BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Dr. Marc-Pierre Möll.

Hintergrund ist, dass noch bis zum 2. Dezember 2024 für die sogenannten „sonstige Produkte zur Wundbehandlung“ eine Übergangsfrist gilt, in der sie ohne konkreten Nachweis des therapeutischen Nutzens in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) verordnungs- und erstattungsfähig waren. Nach dem Ende der Frist müssen die Hersteller der betroffenen, unter anderem antimikrobiell wirkenden silber- oder polyhexanid-haltigen Wundauflagen oder Hydrogele, deren medizinische Notwendigkeit und den therapeutischen Nutzen beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nachweisen. Erst wenn der Nutzen auf Basis der Evidenz durch klinische Studien positiv nachgewiesen werden konnte, werden die Wundauflagen als „sonstige Produkte zur Wundbehandlung“ in die Anlage V der Arzneimittel-Richtlinie aufgenommen und sind dann weiter in der GKV erstattungsfähig.

Die Lage ist ernst…

Gesundheitspolitiker:innen des Bundestages und des Bundesrates sowie das Bundesgesundheitsministerium hatten in den letzten Monaten bereits eine Fristverlängerung um 18 Monate konsentiert, die über einen Änderungsantrag an das laufende Gesetz zur Stärkung der öffentlichen Gesundheit angehängt werden sollte. „Nach dem Aus der Ampelregierung besteht hier dringender Handlungsbedarf, um das für die Wundversorgung und die Anwender:innen wichtige Vorhaben umzusetzen“, so Möll. Der BVMed stehe in intensiven Gesprächen mit Abgeordneten, dem Gesundheitsministerium und dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA). Der Ernst der Lage sei von allen erkannt. Das Ministerium habe das Vorhaben auf eine Prioritätenliste gesetzt, sofern noch Bundestagsbeschlüsse im Gesundheitsbereich vorgenommen werden. Jetzt sei der Bundestag am Zug, rasch eine Lösung zu finden, so der BVMed.

Zum Verfahren erläutert der BVMed, dass Antragstellung und die geforderten Studiennachweise sehr aufwändig seien. Zudem habe der G-BA bislang keine geeigneten auf die Wundversorgung angepassten, transparenten Bewertungskriterien für die erstattungsrelevanten Nutzennachweise definiert. Ein nach anhaltender Kritik von Herstellern und Verordnenden vom Gesetzgeber eingeführtes Beratungsrecht beim G-BA kann erst seit diesem Frühjahr genutzt werden. Aber dafür werden Bewertungskriterien benötigt.

Über die Bewertungskriterien der einzureichenden Studien

Erst im Mai 2024 beauftragte der G-BA das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) mit der Bewertung klinischer Studien im Therapiegebiet Wundbehandlung, welche in Form einer systematischen Literaturrecherche aufgearbeitet werden soll. Dabei soll besonderes Augenmerk auf die Bewertung der Endpunkte der lokalen Wundtherapie gelegt werden. Denn bisher galt als Bewertungskriterium für die einzureichenden Studien der Wundbehandlung der komplette Wundverschluss oder die Wundheilung. Für die Anwendung der betroffenen „sonstigen Produkte zur Wundbehandlung“ ist das aber sehr oft gar nicht der angestrebte Endpunkt. Vielmehr werden sie bei der Behandlung offener, schwer heilender, komplexer oder infizierter Wunden oft nur temporär und in bestimmten Phasen der Heilung verwendet – um beispielsweise die Keimbelastung in einer Wunde und klinische Infektionszeichen zu reduzieren. Die geforderten Bewertungskriterien Wundverschluss oder -heilung können diese individuell angewendeten Produkte daher nicht erbringen. Darauf haben Hersteller, medizinische und pflegerische Fachpersonen, Ärzt:innen, Fachärzt:innen sowie Wundexpert:innen aus dem ambulanten und klinischen Setting frühzeitig und immer wieder hingewiesen.

Dr. Marc-Pierre Möll: „Ohne ausreichende Fristverlängerung droht chronisch kranken Patient:innen mit einer Wunde eine Versorgungslücke, die zu erheblichen gesundheitlichen Folgen für die Betroffenen führen kann. Die Politik muss nun schnell handeln.“

Weitere Informationen zum Thema können im BVMed-Themenportal unter www.bvmed.de/wundversorgung abgerufen werden.

Pressemitteilung BVMed, 11.11.2024. Beitragsbild: Dr. Marc-Pierre Möll, © BVMed | Darius Ramazani