Einteilung in akute und chronische Wunden nicht ausreichend
Patienten mit chronischen Wunden werden heute in vielen unterschiedlichen Bereichen der Medizin behandelt. Trotz dieser großen interdisziplinären und interprofessionellen Bedeutung, fehlt es weiterhin an einheitlich akzeptierten Definitionen und Einteilungen. Daher hat die Fachgesellschaft Initiative Chronische Wunden (ICW) e. V. in den letzten Jahren wiederholt Standards für diese Themenbereiche entwickelt. So wird beispielsweise entsprechend den aktuellen Definitionen der ICW der Barriereverlust zwischen dem Körper und der Umgebung durch Zerstörung von Gewebe an äußeren oder inneren Körperoberflächen als Wunde bezeichnet. Es handelt sich hierbei um die Beschreibung eines Symptoms, dem sehr viele verschiedene Ursachen zugrunde liegen können. Im klinischen Alltag werden diese Wunden heute meist in akute und chronische Wunden eingeteilt. Als chronisch wird eine Wunde bezeichnet, die nach 8 Wochen nicht abgeheilt ist. Unabhängig von dieser zeitlich orientierten Definition gibt es Wunden, die von Beginn an als chronisch anzusehen sind, da die Behandlung eine Therapie der weiterhin bestehenden Ursache erfordert. Hierzu gehören beispielsweise das diabetische Fußulkus (DFU), Wunden bei peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK), Ulcus cruris venosum oder Dekubitus.
Der vollständige Wundverschluss ist nicht immer das Ziel
Oft wird angenommen, dass die übergeordnete Zielstellung jeder Wundbehandlung, also auch bei chronischen Wunden, der vollständige Wundverschluss ist. Eine akzeptierte Ausnahme ist in diesem Kontext die palliative Wundversorgung von Patienten mit Malignom-assoziierten Wunden bei nicht heilbaren Erkrankungen, deren Hauptziele die Verbesserung der Symptomkontrolle und -linderung sind. International werden jedoch weitere Begriffe wie beispielsweise „nonhealable“ oder „maintenance wounds“ unterschieden, bei denen die Betroffenen ebenfalls einer dauerhaften Wundversorgung bedürfen. Auch hier steht ein kurativer Therapieansatz somit nicht im Vordergrund der Behandlung. Bislang gibt es für diese Bezeichnungen im deutschsprachigen Raum keine etablierten Übersetzungen. Es war daher die Intention des Vorstandes der ICW, dass eine Expertengruppe auf der Basis international publizierter Literatur eine Einteilung chronischer Wunden vornimmt, um heilende, schwer heilende und nicht heilbare Wunden zukünftig besser zu differenzieren. Durch diese heute im deutschsprachigen Raum noch nicht gängige Einteilung chronischer Wunden wird deutlich, dass es sehr unterschiedliche realistische Zielsetzungen bei der Wundbehandlung geben kann, die möglichst frühzeitig erkannt und mit den Patienten bzw. den Angehörigen besprochen werden sollten. […]
Der komplette Beitrag und das Positionspapier wurden mit einer CC BY 4.0-Lizenz auf der Website von Springer Medizin unter https://link.springer.com/article/10.1007/s00105-022-04973-y veröffentlicht und können dort eingesehen und/ oder heruntergeladen werden. Dort finden Sie auch die detaillierten Quellenangaben. Ein Download als PDF ist » hier auf der Website von Springer Medizin möglich.
Das ICW-Positionspapier zu diesem Thema erschien zuerst in der Fachzeitschrift “Der Hausarzt” | Dissemond, J., Protz, K., Erfurt-Berge, C. et al. Wundbehandlung ohne kurative Zielsetzung: Ein Positionspapier der Initiative Chronische Wunden (ICW) e. V.. Hautarzt (2022). https://doi.org/10.1007/s00105-022-04973-y