Gute Wundversorgung muss nicht kompliziert sein. Was Allgemeinmediziner brauchen, sind einfache Werkzeuge, klare Abläufe und ein System, das richtige Entscheidungen unterstützt – ohne zusätzlichen Aufwand.

1. Fokus auf das Wesentliche

Generalisten müssen keine Wundspezialisten werden. Entscheidend ist ein solides Grundwissen, insbesondere zu den Themen:

  • wichtige Wundarten erkennen (z. B. diabetische Fußulzera, venöse Ulzera, Druckulzera),
  • Warnsignale richtig deuten (z. B. fehlende Verbesserung nach 4 Wochen, zunehmendes Exsudat, Infektionszeichen) sowie
  • sichere Erstmaßnahmen treffen (Verbandkategorien, Indikation für Kompression oder Druckentlastung)

Mehr braucht es für die tägliche Praxis nicht.

2. Entscheidungsfindung vereinfachen

Damit gute Versorgung zuverlässig gelingt, sollten folgende Hilfsmittel fest im Arbeitsablauf verankert sein:

  • kurze Flussdiagramme zur Wundbeurteilung,
  • übersichtliche Leitfäden zur Verbandauswahl,
  • digitale Entscheidungsbäume und/oder
  • unterstützende Tools via Praxissoftware.

Das entlastet den Arzt und sorgt für konsequent hohe Qualität.

3. Was bedeutet „Eskalation“ – und warum ist sie zentral?

Eskalation bedeutet in diesem Zusammenhang:

Ein Fall wird bewusst an eine höhere Kompetenzstufe übergeben – etwa an einen spezialisierten Wundtherapeuten, Gefäßmediziner oder ein multidisziplinäres Team, sobald bestimmte Kriterien erfüllt sind.

Eskalation heißt also nicht Überreaktion, sondern gute ärztliche Praxis, wenn:

  • die Wunde nicht heilt oder stagniert,
  • ein Infektionsverdacht besteht,
  • eine arterielle Problematik vermutet wird oder
  • der Arzt unsicher ist, ob die ambulante Versorgung ausreicht.

Klare Kriterien und feste Überleitungswege erleichtern diese Entscheidung erheblich.

Spezialistenkontakt innerhalb weniger Tage

Früher Spezialistenkontakt führt nachweislich zu schnelleren Heilungen und weniger Komplikationen. Ein systemweiter Richtwert – z. B. innerhalb von sieben Tagen nach Behandlungsbeginn – reduziert diagnostische Verzögerungen deutlich.

Wie die Umsetzung gelingt

Damit aus Leitlinien echte Praxis wird, helfen drei Ansätze:

  • strukturierte Einarbeitung neuer Mitarbeiter mit Fokus auf Warnzeichen und Eskalationskriterien,
  • digitale Unterstützung durch Hinweise in der Patientenakte sowie
  • regelmäßiges Feedback über lokale Daten bei der Behandlung von Wundpatienten (Heilungsverläufe, Reaktionszeiten, Überweisungsquoten).

Bei diesen Veränderungen geht es nicht um eine Erhöhung der Arbeitsbelastung. Es geht vielmehr darum, Umgebungen zu schaffen, die in der Allgemeinmedizin stets die richtigen Handlungen unterstützen, so dass evidenzbasierte Versorgung nicht nur möglich, sondern zur Routine wird.

In Anlehnung an den Beitrag von Dr. Leanne Atkin, Prof. Sebastian Probst: “Bridging the knowledge gap: Empowering generalists to make better chronic wound care decisions”. In Wounds International, 13.10.2025 ().