Anforderungen und Leistungsvergütung für spezialisierte pflegerische Einrichtungen

Grundlage ist eine Gesetzesänderung des § 37 des SGB V vom 01.09.2019. Hierzu hat der Gemeinsame Bundesausschusses (G-BA) am 17.09.2020 eine aktualisierte Richtlinie über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege (HKP) erlassen. Wundversorgung ist Bestandteil der HKP und durfte bislang nur in der Häuslichkeit der Patienten durchgeführt werden. Die Gesetzesänderung sieht nun vor, dass chronische und schwer heilende Wunden künftig auch von spezialisierten pflegerischen Einrichtungen außerhalb der Häuslichkeit versorgt werden können.

Der GKV Spitzenverband (GKV SV) hat sich ausführlich zu den Anforderungen an solche Einrichtungen geäußert. In einem Entwurf stellt er folgende Anforderung an die Leitung einer solchen spezialisierten Einrichtung:

„Neben der Weiterbildung nach § 1 Abs. 7 muss zusätzlich eine spezifische Zusatzqualifikation zur Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden vorliegen. Die Inhalte der theoretischen Schulung haben sich curricular an Weiterbildungen von Fachgesellschaften zu orientieren.“

Der ICW hat schnell reagiert und quasi sofort ein neues Wundsiegel “Das spezialisierte pflegerische Wundcentrum (SPWC)” aufgelegt. Alle Informationen dazu finden sich hier beim ICW».

Aus den Anforderungen des ICW-Wundsiegels® an das SPWC:

  • Das spezialisierte pflegerische Wundcentrum muss mindestens 20 Patienten mit chronischen Wunden jährlich betreuen.
  • Es muss Teil eines multiprofessionellen Netzwerkes sein.
  • Qualifikationsprofil der Leitung einer solchen Einrichtung: Pflegerischer Fachtherapeut Wunde ICW® oder Akademische/r Wundmanager/in

und

  • Abschluss einer Weiterbildungsmaßnahme mit mindestens 460 Stunden oder Studium Pflegemanagement.
  • Anforderung an die Qualifikation der Mitarbeiter: Mindestens 50 % der Mitarbeiter, die in der Wundversorgung tätig sind, benötigen die Qualifikation Wundexperte ICW® oder eine gleichwertige Qualifikation.

Was die Anforderungen an die Qualifikation der Leitung und Mitarbeiter in einer spezialisierten Einrichtung zur Versorgung chronischer Wunden anbelangt, decken sich die Vorstellungen des GKV Spitzenverbandes nahezu vollständig mit dem Anforderungsprofil, welches die ICW für den neuen Zertifizierungstypus spezialisiertes pflegerisches Wundzentrum aufgestellt hat. Einzig die Vergütung der Leistung der Wundversorgung wird bisher nicht beim GKV SV thematisiert.

Das Bildungskonzept der ICW mit dem Basiskurs des Wundexperten ICW® (56 Stunden Theorie + 16 Praxisstunden) plus dem 1. Aufbaumodul des Fachtherapeuten Wunde ICW® (120 Stunden Theorie + 40 Praxisstunden), entspricht den Anforderungen des GKV Spitzenverbandes und geht sogar darüber hinaus.

Leistungsvergütung für spezialisierte pflegerische Einrichtungen unklar

Die Verhandlungen zwischen den Pflegeverbänden und Kostenträgern über die Vergütung der neuen Leistungen waren zunächst auf den 03.11.2020 vertagt worden. Deshalb mussten übergangsweise die Vergütungen für die neuen Leistungen zwischen dem Pflegedienst und der Krankenkasse in jedem Einzelfall abgestimmt werden.

Die Verbände fordern für die Versorgung chronischer und schwer heilender Wunden übergangsweise Leistungsgruppe 4. Ist die Versorgung der chronischen und schwer heilenden Wunde zeitaufwändiger (d. h. deutlich über i. d. R. über 20 Minuten hinaus) soll der Vergütungsvorschlag die doppelte Abrechnungsmöglichkeit der Leistungsgruppe 4 in einem Einsatz umfassen.

Zur Leistungsvergütung hat die medizinische Fachgesellschaft Initiative Chronische Wunden (ICW) konkrete Vorstellungen entwickelt und diese in einer Stellungnahme beim GKV Spitzenverband eingereicht.

  • Modul 1: Vergütung von Fallmanagement und Edukation über einen Zeitraum von mindestens acht Monaten, mit der Option der Verlängerung.
  • Modul 2: Vergütung der Wundversorgung. Hier sieht die ICW zwei mögliche Modelle: Entweder die Vergütung nach Zeit, im Viertelstundentakt, oder eine Vergütung anhand der Wundgröße, gekoppelt mit zusätzlichen Maßnahmen wie z. B. der Entstauungstherapie und/oder der druckentlastenden und druckverteilenden Filzung. Wundgröße klein bis 8 cm², Wundgröße mittel bis 40 cm² und Wundgröße groß ab 40 cm². Die Festlegung der Vergütung nach Wundgröße sollte für drei Monate gelten. Nach dieser Zeit soll eine neue Vermessung und somit Neubestimmung der Vergütungshöhe erfolgen.
  • Ideal wären Fallpauschalen, weil das eine Vergütungssicherheit gäbe, denn es muss immer ein entsprechendes Equipment für die Versorgung vorgehalten werden.

Die Forderungen der Pflegeverbände, sowie die Vorstellungen der ICW, zur Vergütung der Leistung der Wundversorgung haben ein gemeinsames Ziel, die leistungsgerechte Vergütung der Versorgung von chronischen und schwer heilenden Wunden. Bislang gibt es dazu keine bundeseinheitliche Regelung. Dazu kommt, dass die Leistungen der Behandlungspflege teilweise gar nicht vergütet werden, nämlich dann, wenn sie nicht solitär erbracht werden. Das bedeutet konkret: Ein Pflegedienst führt mehrere Behandlungspflegemaßnahmen bei einem Patienten durch. Die allgemeine Annahme ist, dass jede Leistung nach entsprechender Regelung vergütet wird. Tatsächlich wird jedoch nur die höchst dotierte Leistung vergütet.

Frau Inga Hoffmann-Tischner, Geschäftsführerin und Inhaberin des Wundmanagement Köln, hat zu den akuten Problemen der Abrechnung und Kostenerstattung durch die ungeklärte Vergütungsregelung ab dem 01.11.2010 Stellung bezogen und die Problematik für spezialisierte Pflegedienste thematisiert.

Link: https://www.wundmanagement-koeln.de/

Zum Start des Jahres 2021 fanden die spezialisierten pflegerischen Wundzentren in neuen Rahmenverträgen mit den GKVen noch keine Erwähnung. Seitdem haben wir zu dem Thema noch nichts wieder gehört…

(In Anlehnung an Pressemitteilungen des ICW e.V. vom 05. und 06.11.2020)