Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat klargestellt, dass halbfeste bis flüssige, also „nicht formstabile“ Zubereitungen zur Wundbehandlung keine Verbandmittel sind. Denn solchen Medizinprodukten – beispielsweise in Form von Gelen, Lösungen oder Emulsionen – fehlen die Haupteigenschaften von Verbandmitteln, eine Wunde abzudecken und/oder Wundflüssigkeit aufzusaugen. Diese Produkte sind deshalb den sogenannten sonstigen Produkten zur Wundbehandlung zuzuordnen. Nach dem Willen des Gesetzgebers können sie ab Dezember 2023 nur noch dann verordnet werden, wenn der G-BA im Einzelfall den medizinischen Nutzen auf Antrag von Herstellern positiv bewertet hat. Ziel ist es, die Qualität und Wirtschaftlichkeit bei der Wundversorgung zu stärken.

Dazu Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des G-BA: „Relativ teure arzneimittelähnliche Medizinprodukte wie z. B. Gele, Emulsionen oder Hydrogele drängen unter dem Label von Verbandmitteln seit geraumer Zeit auf den Markt. Der G-BA hat nun klargestellt, dass es eben keine Verbandmittel sind. Ob ein medizinischer, patientenrelevanter Nutzen der Produkte für die Wundheilung vorliegt, muss damit künftig im Einzelfall über Studien nachgewiesen werden. Nur so bleiben sie im GKV-Markt verordnungsfähig.“

Produktgruppe „nicht formstabile“ Zubereitungen

Der G-BA hat mit seinem Beschluss erstmals ein Beispiel für eine Produktgruppe benannt, deren Vertreter keine Verbandmittel sind, sondern zu den sonstigen Produkten zur Wundbehandlung zählen. Hintergrund waren entsprechende Nachfragen.

Flüssige bis halbfeste Zubereitungen weisen nach Anwendung auf der Wunde keine feste zusammenhängende Erscheinungsform im Sinne des „Verbindens“ auf und können somit keine kontinuierliche Abdeckung zum Schutz des Wundgrundes gewährleisten. Sie erfüllen die Voraussetzungen des Bedeckens oder Aufsaugens nicht. Eine automatische Zuordnung einzelner Produkte zu der Produktgruppe durch den G-BA ist damit jedoch nicht verbunden. Bei Hydrogelen beispielsweise ist jeweils zu prüfen, ob es sich im Einzelfall doch um ein Verbandmittel mit ergänzenden Eigenschaften handelt: Das kann bei einem Produkt der Fall sein, bei dem sich die hydroaktive Substanz auf einem Trägermaterial befindet oder anderweitig eine formstabile Aufbereitung im vorgenannten Sinne besteht. Ist das nicht der Fall, gelten sie als „nicht formstabile“ Zubereitungen“ und damit als sonstige Produkte zur Wundbehandlung.

Inkrafttreten

Der Beschluss zur Ergänzung der Anlage Va der Arzneimittel-Richtlinie wird dem Bundesministerium für Gesundheit zur rechtlichen Prüfung vorgelegt. Er tritt nach Nichtbeanstandung und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Hintergrund: Verbandmittel in Abgrenzung von sonstigen Produkten zur Wundbehandlung

Gesetzlich Krankenversicherte haben Anspruch auf die Versorgung mit Verbandmitteln. Mit Einführung des § 31 Absatz 1a SGB V hat der Gesetzgeber den Anspruch durch eine Definition des Verbandmittel-Begriffes konkretisiert. Der G-BA wurde beauftragt, Näheres zur Abgrenzung der Verbandmittel von „sonstigen Produkten der Wundbehandlung“ zu regeln. Letztere sind mit Ablauf der Übergangsregelung am 2. Dezember 2023 nicht von vornherein verordnungsfähig.

Grafik zur Klassifizierung in der Arzneimittel-Richtlinie: Verbandmittel oder sonstiges Produkt zur Wundbehandlung

Quelle: pi G-BA, 15.06.2023