„Mit Hilfe der insgesamt 2.897 realisierten Gewebespenden war es im letzten Jahr erstmals möglich, über 7.000 Patienten mit einem Gewebetransplantat zu versorgen“, berichtete die Deutsche Gesellschaft für Gewebetransplantation (DGFG) zum Jahresanfang in einer Pressemitteilung. Darunter waren 4.145 Patienten, die eine neue Augenhornhaut bekommen haben. Aber auch für Menschen mit chronischen Wunden war etwas dabei.

Was ist denn eigentlich eine Gewebespende?

Bei einer Gewebespende stellen Spender und Spenderinnen keine komplette Organe für eine Übertragung (Transplantation) zur Verfügung, sondern Körpergewebe. Zu den transplantierbaren Geweben gehören Augenhornhaut, Herzklappen, Blutgefäße, Knochen und Weichteilgewebe, Haut, Eihaut der Fruchtblase (Amnion) sowie Inselzellen (Zellansammlungen in der Bauchspeicheldrüse, die das Hormon Insulin produzieren). Gewebeentnahme und Organspende schließen sich nicht gegenseitig aus. So werden z.B. Hornhäute des Auges binnen 72 Stunden nach Eintritt des Todes entnommen. Demgegenüber ist die Amnionspende eine Lebendspende.

Amnionmembran – eine echte Alternative in der Behandlung schwerer Wundheilungen

Die Amnionmembran ist die dünne, innere Eihaut der mütterlichen Fruchtblase, die den Embryo umhüllt. Voraussetzung für die Spende ist eine Kaiserschnittgeburt und die Einwilligung der Mutter nach einer umfangreichen Aufklärung. Es waren nur 46 Lebend-Gewebespenden, die die DGFG in 2021 auf diese Art und Weise realisieren konnte, was in Anbetracht von jährlich mehr als 200.000 Kaiserschnittgeburten ein eher klägliches Ergebnis ist.

Aus den 46 Plazenta-Spenden konnten allerdings 2.072 Amniontransplantate generiert werden. Die wundheilungsfördernden und antientzündlichen Eigenschaften der Amnionmembran machen diese für die Wundversorgung besonders wertvoll. Neben Wundheilungsstörungen, z.B. beim diabetischen Fußsyndrom, kommt Amnion auch in ophthalmologischen Anwendungsgebieten in Form des AmnioClip-plus sowie im orbitalen, mund- und kiefer-chirurgischen Tätigkeitsbereich, in der gynäkologischen Chirurgie (Uterus und Vagina) und als temporärer Hautersatz bei thermischen Verletzungen zum Einsatz.

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“Amnion bei Wunden: Schritt-für-Schritt-Anwendung als Wundverschluss”,
YouTube-Kanal von DGFG – Netzwerk für Gewebemedizin

Wie geht das mit der Einwilligung in eine Gewebeentnahme?

Wer schon einen Organspendeausweis besitzt, der weiß, dass auf der Rückseite des Ausweises detailliert angegeben werden kann, was im Fall der Fälle gespendet werden soll und was ggf. auch nicht. Hier kann man auch Stellung zur Gewebespende beziehen. Zudem kann man hier die Organ- und oder Gewebespende auch komplett ablehnen.

 

Erfreulich ist die gestiegene Zahl an einer bereits zu Lebzeiten getroffenen Entscheidung: Laut DGFG haben 28 Prozent 2021 ihren Willen zu einer Gewebespende bereits zu Lebzeiten geäußert oder dokumentiert. Vor zehn Jahren lag dieser Anteil bei nur 14 Prozent. Ist der Wille nicht bekannt, können Angehörige im Sinne der Verstorbenen entscheiden – in 2021 war dies in mehr als zwei Dritteln der Fall (69,7 %). Mit einem Spenderausweis kann sichergestellt werden, dass die eigene Meinung gehört wird. Zudem entlastet es die Angehörigen, die ansonsten in einer für sie sowieso schon schweren Situation eine Entscheidung treffen müssten. Nicht selten gibt es vor diesem Hintergrund am Sterbebett Unfrieden in einer Familie.

Der deutliche Appell der DGFG: Treffen Sie Ihre Entscheidung bereits zu Lebzeiten und teilen Sie sie ihren Angehörigen mit. Schaffen Sie mit Ihrer Entscheidung Klarheit über den Tod hinaus!

Bedarf an Gewebe trotz steigender Spenderzahlen noch immer nicht gedeckt

Trotz steigender Zahlen herrscht in Deutschland jedoch noch immer ein Mangel an Gewebe: In 2021 konnte die DGFG 73 Prozent aller Anfragen für ein Hornhauttransplantat zeitnah bedienen; bei den Herzklappen waren es nur 50 Prozent. Zwölfmal kam die Amnionmembran bei chronischen Wunden in Form eines „Wundpflasters“ erfolgreich zum Einsatz.

Jede offene Anfrage bedeutet für die Patienten ein noch längerer, mit Leid verbundener Weg zum Erhalt eines erlösenden Transplantats.

Weitere Infos

In Anlehnung an eine pi der DGFG v. 01.01.2022. Beitragsbild: Screenshot aus dem Video des DGFG