Die Initiative Chronische Wunden (ICW) e.V. hat ein Positionspapier veröffentlicht, das in der Dezember-Ausgabe von “Der Dermatologe” veröffentlicht wurde. Darin heißt es:

“Die Abklärung chronischer Wunden ist essenziell für die Einleitung einer kausaltherapeutischen Behandlung. Zur diagnostischen Einordnung der Wundgenese kann es erforderlich sein, eine Biopsie zur histologischen und/oder mikrobiologischen Aufarbeitung zu entnehmen. Besteht klinisch Verdacht auf eine spezifische Ursache der Wunde wie eine Neoplasie, eine entzündliche Dermatose oder eine erregerbedingte Wunde, so ist unverzüglich eine Biopsie zur weiteren Diagnostik erforderlich. Zeigt sich unter einer adäquat erscheinenden Kausaltherapie kein zufriedenstellendes Therapieansprechen der Ulzeration, so ist spätestens nach 12 Wochen eine Biopsie zur weiteren Evaluation empfohlen. Die Wahl der richtigen Entnahmetechnik, die weitere Lagerung, der Transport und die Aufarbeitung sind dabei ebenso entscheidend für ein verwertbares Ergebnis wie die möglichst spezifische Fragestellung an das diagnostische Labor.”

Die Autoren – Joachim Dissemond, Anke Bültemann, Veronika Gerber, Martin Motzkus, Karl Christian Münter und Cornelia Erfurt-Berge – erläutern unter anderem, bei welcher Indikationsstellung eine Biopsie angeraten oder zwingend notwendig ist und wie diese durchgeführt werden sollte. Das Positionspapier geht im Weiteren auch auf maligne Wunden, entzündliche Dermatosen und viele Differenzialdiagnosen ein. Mehrere Tabellen geben eine gute Übersicht.

Empfehlungen für die Praxis

  • Bei Aufälligkeiten in der Anamnese, der Lokalisation oder der Konfguration der Wunde sollte unverzüglich eine Biopsie zum Ausschluss eines malignen Geschehens erfolgen.
  • Bei Verdacht auf eine spezifsche Ursache einer chronischen Wunde, welche durch eine histopathologische Untersuchung diagnostisch eingeordnet werden kann, sollte unverzüglich eine Biopsie erfolgen. Hierzu zählen insbesondere entzündliche Dermatosen als Ursache chronischer Wunden. Die Einsendung von Gewebe für weiterführende Untersuchungen (z. B. Immunfuoreszenz) sollte unter Beachtung der Verdachtsdiagnose zielgerichtet erfolgen.
  • Bei Verdacht auf eine erregerbedingte Wunde, deren Erreger idealerweise im Gewebe nachgewiesen werden kann, sollte unter Berücksichtigung der Anamnese und der klinischen Befunde bei entsprechendem Verdacht unverzüglich eine Biopsie zur mikrobiologischen Untersuchung unter genauer Mitteilung der infrage kommenden Erreger in das entsprechende Labor übersandt werden. Der Begriff „unverzüglich“ kann in seinem juristischen Verständnis dabei auch eine Zeit von mehreren Tagen umfassen, falls beispielsweise eine gesonderte Terminvereinbarung für eine Biopsie erforderlich ist.
  • Bei einer ausbleibenden Befundbesserung trotz adäquat erscheinender Umsetzung aller kausal- und lokaltherapeutischen Maßnahmen in Bezug auf die jeweilige Arbeitsdiagnose sollte spätestens nach 12 Wochen eine Biopsie zur weiterführenden Diagnostik erfolgen.

Fazit für die Praxis

Die Aufarbeitung einer Biopsie stellt eine wichtige Säule in der Diagnostik chronischer Wunden dar und ergänzt die Basisdiagnostik sowie das strukturierte Assessment chronischer Wunden. Je nach möglicher Verdachtsdiagnose kommen dabei unterschiedliche Entnahmetechniken und histologische oder mikrobiologische diagnostische Aufarbeitungen infrage. Dabei ist es erforderlich, je nach Fragestellung, die Probeentnahme korrekt durchzuführen, das Präparat mit einer zielgerichteten Fragestellung an das Labor weiterzuleiten und das Ergebnis der Diagnostik zusammen mit Anamnese und Klinik einzuordnen. Auch bei fehlendem Ansprechen auf eine vermeintlich adäquate Therapiemaßnahme ist eine Biopsie erforderlich, um die bisherige Arbeitsdiagnose zu überprüfen. Um eine frühzeitige Diagnostik und Einleitung kausaler Therapiemaßnahmen zu fördern, ist eine zeitnahe Zuweisung von Patienten mit chronischen Wunden an ein spezialisiertes Zentrum erforderlich. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit der unterschiedlichen Fachrichtungen kann dabei die schnelle Versorgung unterstützen.

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Quelle: Stellenwert der Biopsie in der Diagnostik chronischer Wunden -ein Positionspapier der Initiative Chronische Wunden (ICW) e.V.; Die Dermatologie; December 2023; DOI:10.1007/s00105-023-05259-7, Lizenz: CC BY 4.0