In einem Verfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) des Landes Sachsen-Anhalt (Az.: 1 U 96/14) ging es 2015 um die Haftung eines niedergelassenen Chirurgen für eine vermeintliche Fehlbehandlung. Der Kläger hatte sich einen Riss der rechten Achillessehne zugezogen, der operativ versorgt worden war. Nach Entlassung aus dem Krankenhaus gab es mehrfache Behandlungstermine, zumeist bei dem Chirurgen, der die Achillessehne auch operiert hatte. Nach anfänglich unauffälligem Heilungsverlauf ergab sich schlussendlich eine Wundheilungsstörung, die zu weiteren Behandlungen führte, u.a. zur operativen Entfernung eines Teils der Achillessehne und des umliegenden entzündeten Gewebes.

Schmerzensgeld gefordert

Der Kläger behauptete, er habe gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten mit einer dauerhaften Bewegungseinschränkung des rechten Fußes, die mit fortlaufenden Beschwerden einhergehe. Er forderte ein Schmerzensgeld, in Höhe von mindestens 25.000,00 Euro, und macht zudem materielle Schäden (Haushaltsführungskosten, Verdienstausfall, Fahrtkosten, Medikamentenzuzahlungen, Aufwandspauschale) sowie einen materiellen und immateriellen Vorbehalt geltend. Zudem begehrt er die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere materielle Schäden sowie nicht vorhersehbare immaterielle Zukunftsschäden.

Landgericht wies Klage ab

Das Landgericht wies die Klage nach Sichtung aller Unterlagen und Anhörung von Sachverständigen ab. Der Kläger ging in Berufung und erweiterte seine Anschuldigungen unter Heranziehung von Feststellungen des Sachverständigen. Daraus sei eine „erhebliche Dokumentationspflichtverletzung“ des Beklagten zu folgern. Denn der Sachverständige habe sich deshalb nicht in der Lage gesehen, den Zeitpunkt eines reaktionspflichtigen Verhaltens des Beklagten konkret zu bestimmen, weil der Wundzustand des Klägers nicht zweifelsfrei dokumentiert sei. Der Beklagte habe „dokumentieren müssen, wie sich die Infektion entwickelt“.

OLG: “Nur pathologische Befunde müssen dokumentiert werden”

Das OLG konnte dieser Argumentation des Klägers nicht folgen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stünde fest, dass die postoperative Nachsorge durch den Beklagten dem geschuldeten fachärztlichen – hier fachchirurgischen – Standard entsprochen habe. Ein Behandlungsfehler des Beklagten stehe nicht fest. Und auch dem Vorwurf der Dokumentationspflichtverletzung konnte das OLG nicht folgen. Der niedergelassenen Facharzt für Chirurgie müsse in seiner Dokumentation das von ihm beim Patienten jeweils vorgefundene Wundbild nicht fortlaufend beschreiben, wenn die Wundverhältnisse unauffällig sind. Nur pathologische Befunde seien zu dokumentieren. Dieses hat der Gerichtshof für so bedeutend gehalten, dass er es in der Urteilsbegründung ausdrücklich in einem Leitsatz hervorgehoben hat:

Leitsatz

Der mit der postoperativen Wundversorgung befasste niedergelassene Facharzt für Chirurgie hat in seiner Dokumentation das von ihm beim Patienten jeweils vorgefundene Wundbild nicht fortlaufend zu beschreiben, solange sich die Wundverhältnisse unauffällig gestalten. Auch von ihm sind nur pathologische Befunde zu dokumentieren. – OLG Sachsen-Anhalt, 16.11.2015, Az. 1 U 96/14

Quelle: Urteil OLG Sachsen-Anhalt