Im Fokus des Homecare-Kongresses der BVMed-Akademie mit mehr als 120 Teilnehmer:innen standen innovative Versorgungskonzepte, um die ambulante Versorgung zu stärken. Dabei ging es insbesondere um die Rolle nicht-ärztlicher Leistungserbringer in Versorgungsstrukturen der Zukunft sowie eine individuelle Hilfsmittelversorgung als Grundlage zum Ausgleich einer Behinderung und die Hilfsmittelversorgung in der digitalen Infrastruktur. Der Kongress bringt jedes Jahr Hilfsmittel-Leistungserbringer und -hersteller sowie Vertreter:innen der Politik, Krankenkassen, Krankenhäuser, Ärzteschaft und Pflege zusammen.

Nicht-ärztliche Leistungserbringer in Versorgungsstrukturen der Zukunft

Nach verschiedenen Vorträgen der Parteien forderte Prof. Dr. Lutz Hager, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Managed Care (BMC), „Gesundheitslotsen“ fest in der Versorgung zu verankern. Der „Megatrend“ in der Gesundheitsversorgung sei die Ambulantisierung. „Dafür haben wir gute innovative Lösungen, aber es ist schwer, diese Lösungen im Gesundheitssystem zu verankern“, so Hager. Besonders wichtig sei eine gute Unterstützung der Menschen bei ihrem gesundheitlichen Selbstmanagement. Das habe einen größeren Einfluss auf Gesundheit als die punktuellen professionellen ärztlichen Leistungen. Im Krankheitsfall müsse man fokussiert in ein gutes „Case-Management“ investieren. Große Treiber von Veränderungen wird die „Baby-Boomer“-Generation mit einem anderen Verständnis von Gesundheitsmanagement sowie moderne Technologien sein. Große Chancen liegen in der dezentralen Organisation von Leistungen. „Die Gesundheitsversorgung kommt nach Hause“, so der BMC-Vorsitzende. Und moderne Technologien helfen dabei. Unterstützung gibt es durch Lotsenleistungen auch von nicht-ärztlichen Fachkräften, deren Leistungen im Gesundheitssystem vergütet werden muss. Die Fachkräfte sollten dabei nicht in ärztlicher Delegation, sondern unabhängig tätig sein. Dazu gehöre eine Verankerung in Praxisverbünden, Krankenhäusern oder Primärversorgungszentren sowie eine Einbindung in ein regionales Netzwerk.

Nicht vergessen: In der Wundversorgung gibt es bereits spezialisierte Fachkräfte

Der Veränderungsdruck in ambulanten Versorgungsstrukturen zeigte Rechtsanwältin Bettina Hertkorn-Ketterer am Beispiel der Versorgung von chronischen oder schwer heilenden Wunden auf. Der Rechtsrahmen für die Wundversorgung unterliege dabei vielfältigen Änderungen: von der neuen Verbandmittel-Definition über die Reform der Pflegeausbildung bis hin zum Aufbau von 1.000 Gesundheitskiosken, die auch das Thema Wundversorgung umfassen sollen.

„Wir vergessen dabei, dass es spezialisierte Fachkräfte beispielsweise für die Wundversorgung vor Ort bereits gibt – in spezialisierten Wundzentren oder Homecare-Unternehmen.“ Diese müssen zum Einsatz kommen können, um effiziente Versorgungsstrukturen zu ermöglichen. Die Rahmenempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes zur Versorgung mit häuslicher Krankenpflege (§ 132 a SGB V) sehen vor, dass die Versorgung künftig nur noch durch spezialisierte Leistungserbringer erfolgt. Dabei sind Verträge mit Krankenkassen obligatorisch. „Diese spezialisierten Fachkräfte gibt es in den Homecare-Unternehmen bereits“, stellte Hertkorn-Ketterer klar. „Wir müssen raus aus dem reinen Sektoren-Denken und stärker Qualifikation betrachten – und uns damit hin zu den spezialisierten Fachkräften orientieren, die Leistungen am Menschen und im Netzwerk vor Ort erbringen. Dazu gehört dann auch die Betrachtung aus Patient:innensicht: was sie wollen, was sie brauchen.“

Auszug aus einer Pressemitteilung des BVMed, 28.11.2022. Beitragsbild: Bettina Hertkorn-Ketterer. © BVMed