Die Wundversorgung mit modernen Wundauflagen bleibt erst einmal erstattungsfähig. Die Übergangsfrist wurde auf 36 Monate verlängert.

Fristverlängerung wurde dringend benötigt

Schon im Januar hatten wir berichtet, dass Juliane Pohl vom Bundesverband Medizintechnologie (BVMed) befürchtete, dass sich vor dem Hintergrund der durch den Gemeinsamen Bundsesausschuss (G-BA) geänderten Arzneimittel-Richtlinie und der vorangegangenen Gesetzgebung “Versorgungsbrüche” und eine vermehrte Verschreibung von Antibiotika ergeben könnte. Einige besonders wirkende Verbandmittel seien nach der einjährigen Übergangsfrist in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht mehr erstattungsfähig. (unser Beitrag v. 20.01.21)

Im April wurde deutlich, dass im “Entwurf des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung” (GVWG) angedacht wurde, die Übergangsfrist von zwölf auf 24 Monate zu verlängern. Dem Bundesrat war das – wie uns auch – immer noch zu kurz. Er hat sich daher im Februar in einer Stellungnahme zum Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetz (GVWG) für eine Verlängerung der Frist von zwei auf drei Jahre ausgesprochen. (unser Beitrag v. 21.04.21)

Nun endlich ist es so weit

Die sogenannten „sonstigen Produkte zur Wundbehandlung“ müssen zwar künftig wie geplant ihren Nutzen gesondert nachweisen und ein Bewertungsverfahren durchlaufen, um durch die GKV weiterhin verordnungsfähig sein zu können. Die Übergangsfrist für die betroffenen Produkte hat der Bundestag nun aber mit der Verabschiedung des Gesundheitsversorgungs-Weiterentwicklungsgesetzes (GVWG) auf 36 Monate verlängert und der Bundesrat hat dem am 25. Juni zugestimmt.

Save the date: Wundnetzveranstaltung zu diesem Thema


Zeit, Ort: 08.09.2021 | ATLANTIC Hotel Kiel
Referent: Werner Sellmer, Fachapotheker für klinische Pharmazie, Mitglied Wundzentrum Hamburg e.V.

Der Referent wird u.a. auch auf die Gesetzgebung eingehen sowie auch erörtern, was sich voraussichtlich hinsichtlich der Wundversorgungsprodukte in Zukunft ändern wird.

Anmeldung ab Anfang August möglich.

Nicht nur der BVMed begrüßt die Fristverlängerung. Auch Medizinprodukte-Hersteller wie beispielsweise ConvaTec sind hoch erfreut. Andreas Kuhn, Geschäftsführer der ConvaTec (Germany) GmbH:

„Der Gesetzgeber hat damit die einzig richtige Entscheidung getroffen und auch für Sicherheit bei den verordnenden Ärztinnen und Ärzten sowie den Patientinnen und Patienten gesorgt. Für die betroffenen Produkte bedeutet dies, dass sie weiterhin wie gewohnt bis zum 1. Dezember 2023 in der gesetzlichen Krankenversicherung erstattungsfähig sind und verschrieben werden können. Die verlängerte Frist für die neuerdings vorgesehenen Studien ermöglicht deren seriösere Planung und Durchführung mit weniger Hektik. Die geforderten Nachweise sind ohnehin sehr aufwändig zu erbringen, die Corona-Pandemie erschwert dies noch immer zusätzlich“.
Andreas Kuhn, Geschäftsführer der ConvaTec (Germany) GmbH in einer Pressemitteilung v. 29.06.21

Das sieht Juliane Pohl, Leiterin Ambulante Versorgung beim BVMed, genauso:

„Es ist sehr erfreulich, dass der Gesetzgeber zu dieser späten Einsicht gelangt ist. Die jetzt auf drei Jahre verlängerte Übergangsfrist verschafft den betroffenen Unternehmen die unbedingt notwendige Zeit, um die neu geforderten Nachweise zu erbringen. Gleichzeitig sorgt das bei den Anwendenden und nicht zuletzt den Patient:innen für die erforderliche Sicherheit bei der Verordnung ihrer benötigten und seit Langem bewährten Produkte.”
Juliane Pohl in einer Prressemitteilung des BVMed v. 23.06.21

Evidenzkriterien für Nutzennachweise fehlen aber immer noch

Von der neuen Regelung betroffen sind insgesamt rund 400 Produkte, darunter viele bisher als Verbandmittel in der GKV erstattungsfähige Produkte, wie etwa silber- oder PHMB-haltige Wundauflagen. Sie gelten nach dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) aus dem August 2019 als „sonstige Produkte zur Wundbehandlung“. Um in die Arzneimittel-Richtlinie des G-BA aufgenommen und damit erstattungsfähig zu werden, ist künftig ein Bewertungsverfahren erforderlich. „Leider liegen die Anforderungen für dieses Verfahren noch nicht vor. Damit haben die Unternehmen weiter keine Planungssicherheit für aufwändige und ressourcenintensive Studien“, so BVMed-Expertin Juliane Pohl. „Aus Sicht des BVMed ist auch ein verbindlicher Beratungsanspruch der Hersteller zu den Kriterien beim G-BA zwingend nötig, damit nicht Studien geplant und durchgeführt werden, die der G-BA dann am Ende nicht anerkennt.“ Eine solche Beratung werde Arzneimittelherstellern schon seit mehr als zehn Jahren für ihre Studienplanung gewährt, so der BVMed. Auch hier muss der Gesetzgeber schnellstmöglich die Beratung ermöglichen.

Patient:innen können sich auf Produkte verlassen

Die Übergangsfrist für die betroffenen Produkte endet jetzt am 2. Dezember 2023 „Das ist eine gute Nachricht für die Anwendenden und Patient:innen, weil sich bis dahin nichts an der bisherigen Verordnungs- und Erstattungspraxis ändert. Die Versorgungs-Kontinuität ist gewährleistet“, so Pohl. „Die Produkte bewähren sich nicht nur im Alltag der Wundversorgung, sondern waren auch bisher nach festgelegten und geprüften Standards zugelassen. Die neuen Anforderungen bleiben daher fragwürdig. Die betroffenen Unternehmen werden die geforderten Nachweise natürlich erbringen, wenn man sie lässt und diese transparent sind.“ Über die neuen Nutzennachweise und Evidenzkriterien hatte es einen jahrelangen Streit gegeben.

Quellen: pi, wie im Text genannt